Sonntag, 7. März 2010

Ein Gebäude stürzt ein - oder wie uns die Zeit entrinnt

Vorige Woche ist das Kölner Stadtarchiv eingestürzt. Ich meine natürlich vor einem Jahr. Also, das war vor einem Jahr.

"Ehrlich, ein Jahr ist das schon her?", erschrocken fuhr es mir durch die Glieder. Mein Vater sagt dann immer: "Was ist schon ein Jahr." Wobei mir nicht klar ist, ob es eine Frage oder eine Feststellung ist. Er meint, es liegt an unserer Zeit, die immer schneller vergeht. An der modernen Zeit von Computer und medialer Informationsfülle. Das sei der Grund, dass uns die Jahre unter den Händen zerrinnen. War das in Zeiten von Pferdekutsche und Eisenbahn anders? Keine Ahnung.

Das Gefühl der schnell vergehenden Zeit bezieht sich aber immer nur auf die vergangene Zeitspanne, Zukunft ist dagegen immer weit weg. Erinnern Sie sich noch an das Schröder-Projekt "Agenda 2010"? Das war ein Zukunftsmodell so unerreichbar wie ein Millionengewinn im Lotto. Nur eben nicht so unwahrscheinlich. Und ZACK ist ein Jahrzehnt um. War ich nicht eben noch Student, Berufsanfänger und dann ... "Plötzlich 45" (wäre das ein geeigneter Titel für einen Bestseller, den ich rund um das Thema schreiben könnte?).

Die Zukunft kommt auf leisen Sohlen und unmerklich schnell. So wundere auch ich mich immer wieder, wie schnell doch wieder Weihnachten ist. Wie schnell ein Monat um ist, obwohl ein verregneter Sonntag schon mal quälend langsam vergeht. Man keine Lust zu einem Buch hat, die Spiele öde sind und im Fernsehen nur Volksmusik kommt. Ja, es sind die Feste, die Urlaube, die Jahreszahlen der eigenen Kinder, die das unaufhaltsame Tempo der Zeitrhythmen bestimmen.

Wo bleibt aber die Logik? Wenn wir immer schneller von A nach B kommen, wenn die E-Mails viel viel weniger Aufwand bedeuten als Briefe früher und wenn die Welt über Twitter und Buzz zur Echtzeit miteinander kommuniziert, warum gewinnen wir keine Zeit? Katapultieren wir uns in eine Taktung, die unsere Zeit rafft und zu Blöcken verdichtet? Wahrscheinlich liegt es auch daran, dass wir keine Langeweile mehr haben, oder nicht mehr haben dürfen.

Gleichzeitig werden wir immer routinierter im Umgang mit modernen Kommunikations- und Fortbewegungsmitteln, so dass der Konsum von Gegenwart in Automatismen abläuft. Und Automatismen sind prinzipiell für eine Art von Zeitkonto verantwortlich, das durch Unaufmerksamkeit geplündert wird. Schauen Sie auf ihre Kontobewegungen, und wenn ihnen etwas Ungewöhnliches auffällt, melden sie es. Das könnte man auch auf das Zeitkonto übertragen. Rechnen sie mit, bleiben sie aufmerksam. Melden sie die Zeitdiebe ihrem inneren Zeitwahrnehmungs-Agenten. Denn den sollten wir anstellen, damit er uns die Wahrnehmung schärft für vergangene Zeit-Räume.

Das Dumme ist nur, wenn wir Zeiträume bewusst wahrnehmen, heißt das noch lange nicht, dass wir auch die Schnelligkeit von Zeit anders vermittelt bekommen. Es ist ein wahres Dilemma, in dem wir stecken. Und ZACK, ist ein Sonntag vorbei.

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