Samstag, 30. Januar 2010

Warum das iPad so schön ist wie Fernsehen oder warum Autos keine Kurbel mehr brauchen



Weg mit den Einschaltzeiten

Computer fahren hoch, Sie stoppen, lassen sich bitten, um dann noch ein, zwei Minuten vor sich hin zu "trödeln", bis irgendeine Eingabe zum Erfolg führt. Gleichzeitig fallen im Hintergrund unendlich viele Prozesse an, die ungewollt den Systemstart verlängern. Jeder PC-Benutzer kennt das. Alle hassen das. Anfänger beobachten diesen Prozess wie ein mystisches Aufladen des Bildschirms mit Bedeutung. Dabei ist ein Vergleich mit einem Automobil der 20er Jahre gar nicht so weit hergeholt. Zunächst musste man den Wagen mit einer Kurbel starten und verschiedene Schalter betätigen, dann konnte es erst losgehen. Die Straßen waren alles andere als geeignet, immer wieder kam es zu Aussetzern des Motors. Wer würde sich damit heute noch zufrieden geben?

Ähnlich der Windows PC. Er springt nur mühsam an, eine neue Chip Generation oder ein neues "Modell" (Windows 7) versprechen zwar schnellere Ladezeiten, aber das Ganze bleibt ein famoses Scheitern an der Wirklichkeit. Je leistungsfähiger die Rechner, desto anspruchsvoller sind die Programme und nach ein paar Monaten hat man wie vordem eine lahme Kiste auf dem Schreibtisch stehen.





Innovation Fernseher

Schauen wir uns mal unter dem Aspekt der Innovation den Fernseher an. Ein Konzept der 60er Jahre hat heute noch Bestand. Glauben Sie mir, das Anschalten und Zappen ist eines der überzeugendsten Erfolgsmodelle der technischen Innovation des letzten Jahrhunderts. Einschalten und Wohlfühlen. Ein ebenso einfaches wie erfolgreiches Eintastenmodell besteht neben den PC-Wundermaschinen, die heute schon fast in jedem Haushalt Einzug gehalten haben.

One Touch

Überzeugend sind in dieser Richtung iPhone bzw. iPod Touch. Ein Knopfdruck, ein Fingertippen, schon startet das gewünschte Programm. Schnelligkeit hat hier nichts mit Prozessorgeschwindigkeit zu tun, sondern mit der Einfachheit des Bedienkonzeptes und der sogar für Kleinkinder verständlichen Eintasten-Logik. Wobei es sich nicht um eine Infantilisierung handelt, sondern eher um eine Reduktion auf das Notwendige. Alles kann sich dabei auf die Gegensätze "An - Aus", "Laut - Leise" und "Klein - Groß" beschränken. Apple hat als Erster konsequent reduziert. Meine Frau - die zu Weihnachten einen iPod Touch bekam, ist so sehr mit dem Gerät vertraut, als hätte sie noch nie etwas anderes genutzt. Sie installiert Programme mit größter Leichtigkeit. Knopfdruck, Bestätigen: Fertig. Alle Programme unterwerfen sich dem einfachen Konzept, ohne dass es Einbußen an Komfort oder Funktionalität gebe. Einzig das hakelige iTunes auf dem PC widerspricht dieser Erfahrung. Nun gut, nicht alles passt immer auf Anhieb.




eBook

Ein von mir sehr geschätztes Konzept ist das der Unmittelbarkeit. Mein Kindle 2 - das ebook von Amazon  - kennt keinen Standby, weil es im Ruhemodus kein Strom verbraucht, aber wie ein aufgeschlagenes Buch, sofort nutzbar ist. Und zwar an genau gleicher Stelle, die Tags vorher verlassen wurde. Kein umständliches Suchen, keine Verzögerung, keine "Ihr System wird geladen". Das System hält sich vornehm zurück. Es ist halt Diener des Herren und nicht umgekehrt.

Haben wir nicht in den letzten Jahrzehnten den Umgang mit dem Computer so gelernt, dass wir seine Launen akzeptieren und seinen Ansprüchen gerecht werden? Der Computer gibt den Takt unseres Arbeitens vor, wir erfüllen die Wünsche des Systems. "Drücken Sie jetzt OK!", "Schließen Sie alle Anwendungen." Wenn man sich den Aufforderungen widersetzt, dann kann das Folgen haben, entweder für die Hardware oder das Gewissen, die menschliche Software sozusagen, die immer mehr von der PC-Hardware bestimmt wird. Wir sind nicht die Herren unserer Infrastruktur.



Das Streicheln der Oberflächen - Apples neuer iPad

Jetzt kommt das iPad auf den Markt. Dieses Gerät zeigt uns, dass es eine Alternative gibt. Es wird den Markt der digitalen Endgeräte aufmischen. Und das zu Recht. Es lebt ein Konzept der Barrierefreiheit. Barrierefreiheit für Alle sozusagen. Anschalten, drehen, berühren. Das Streicheln der Oberfläche hat zwar wenig mit Zärtlichkeit zu tun, lässt uns aber endlich auf diese blöde Kurbel verzichten. Unser Apple springt an und macht. Ohne Maus. So muss es sein.

Text und Fotos von Markus Paulußen

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4 Kommentare :

  1. So falsch liege ich mit meiner Analogie gar nicht. So schreibt die MacLife zur Kritik von Microsoft am iPod:
    "Dabei übersieht [2] der Microsoft-Angestellte allerdings, dass es sich beim iPad mitnichten um einen traditionellen PC handelt, sondern mehr um einen Apparat, mit dem sich verschiedenste Dienste in Anspruch nehmen lassen. Schließlich bastele niemand an seinem Fernseher herum, sondern schaltet ihn ein, um Fernsehsendungen zu konsumieren. Und die Apps für das iPad seien nichts anderes als derartige Dienste."

    http://www.maclife.de/node/26314

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  2. Interessante Gedanken zu Apple und dem iPad, sehr lesenswert.

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  3. Prima Text - sehr professionell in jeder Hinsicht!

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  4. auch sehr schön in diesem Zusammenhang:

    "Magazine oder Bücher liest man ungern an den Rechnern alten Zuschnitts, weil sich ein solches Leseerlebnis dort nicht einstellt – an Geräten nämlich, die erst hochfahren müssen, wenn man sie einschaltet; die eine Peripherie brauchen aus Kabeln, Mäusen, Tastaturen; in denen Prozessorlüfter und Festplatten fiepen; deren Bedienung überhaupt erst mal erlernt sein will. Statt dieser altmodischen Kisten liegt demnächst ein Tablet am Frühstückstisch, auf der Couch, neben dem Bett. Ich muss es nur aufheben und anfassen."

    Das Apple iPad
    09.02.2010 von Sebastian Handke
    Aufheben und Anfassen
    http://www.theeuropean.de/sebastian-handke/das-apple-ipad

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