Gestaltung neu
Internet-Portale von Zeitungsmedien wie "Stern" oder "Spiegel Online" sind lange - langweilige Papyrusrollen, die sich mit dem Mausrad abrollen lassen. Sie finden sich überall im Netz und haben sich eingebürgert. So ist das halt. Das iPhone kam dagegen geschlossener daher und ließ den Gestaltern viel weniger Raum für ausufernde Designgirlanden. Alles muss fest sitzen und einfach sein. Einen Ersatz für die Darstellung auf 22 oder 24 Zoll-Monitoren, wie sie immer häufiger verwendet werden, konnten die kleinen Apps aber nie darstellen. Und sie stellen auf minimalem Raum auch keine wirkliche Alternative zur Zeitung dar.
Und jetzt kommt das iPad. Mehr als seine Konkurrenten iPhone, PC-Monitor und gedruckte Zeitung überzeugt die feste Darstellungsgröße. Ideal um zwischen Smartphone und Zeitung, zwischen Kindle ebook und PC-Monitor einen Platz einzunehmen. Die ersten Zeitungs-Apps, die auf Markt sind, überzeugen durch die Klarheit der Darstellung und die Schlichtheit der Aufteilung. So erschließt sich das Focus-App auf den ersten Blick, keine ablenkende Werbung, keine unübersichtlichen Linklisten.
Das iPad glänzt durch die Rückbesinnung auf gestalterische Tugenden. Zeitungslayout mit iPad-Bezug. Der Vergleich eines Artikels auf der Internetseite mit dem auf dem iPad fällt zu Gunsten des letzteren aus. Ruhige Darstellung kombiniert mit festen Gestaltungsparametern dominieren das Erscheinungsbild.
Die Integration von Animationen und Videos, finde ich, ist dagegen schon selbstverständlich. Darum überzeugt mich auch das Wired-Magazin nicht so sehr. Hauptkritikpunkt: die Schrift kann nicht vergrößert werden, Wired ist weniger flexibel als ein PDF, und die glänzen auf dem iPad ganz ganz hell - sofern man zum Beispiel den "GoodReader" verwendet, der PDFs rasend schnell, unmittelbar und überzeugend darstellt.
Einfach Dateien
Der "GoodReader" ist ein unverzichtbarer Datei-Freund, der sich an Dropbox oder die Google Docs anbinden lässt. Eine wesentliche Bereicherung der iPad-Grundausstattung. Auch hier überzeugt das App durch klare Gestaltung und einfache Bedienung, wie schon vom iPhone bekannt.
Einfachheit ist das Schlagwort, dass vielen PC-Nutzern wie eine ferne Galaxie vorkommt. Doch die Sehnsucht nach Dekomprimierung der Komplexität ist in einer rasenden Welt immer schwerer zu erreichen. Schirrmacher benennt es in
der
FAZ folgendermaßen: "Aber die Demokratisierung des Computers zeigt nun, dass die meisten Menschen es einfacher haben wollen und nicht ertrinken wollen in der Flut der Daten und Befehle. Also: Bequemlichkeit, Übersichtlichkeit, Virenfreiheit, auch um den Preis einer neuen Zentralregierung."
ebook Zukunft
Als Nutzer des Kindle, der Funktion noch weiter reduziert, stellt sich mir die Frage, werden ebooks mit ihrer elektronischen Tinte überleben können? Der Kindle glänzt dort, wo das iPad versagt. In der Sonne. Also, er glänzt eben nicht. Er ist im hellen Sonnenlicht gerade gut zu lesen.
Das iPad verschwindet wie die Laptops in seiner eigenen Reflexion, die auch durch eine Antireflex-Folie nicht abgemindert wird (wie ich selber feststellen musste). Der Kindle ist leichter und für das Lesen ausreichend. Das iPad setzt mit dem iBook-Store auf Simulation. Simulation von Wirklichkeit: ein Bücherregal in Ikea-Funier, Buchcover im Schrank und wirklich sehr schön blätterbare Seiten.
Hier liegt der Vorteil des iPad: er überführt die alt bekannten Gestaltungsmetaphern in die digitale Welt. Dabei kommt er uns so nahe, weil wir ihn mit dem Finger steuern. Die Berührung ist die emotionale Schnittstelle. Und die entspricht einem menschlichen Bedürfnis. Der Kindle dagegen überzeugt an anderer Stelle.